Es ist mal wieder Zeit für ein wenig feingeistige Literatur. Vor knapp zwei Jahren habe ich das erste Mal einen Text von Susi Purol gelesen. Es ging um ein Gespräch in einer Bäckerei: Eine Kundin bestellte zwei ganze Pfannkuchen. Diese Tatsache inspirierte die Autorin, im Anschluss direkt um zwei halbe Pfannkuchen zu bitten. Die niederschmetternde Antwort: „Halbe jibs nich.“ Es folgte eine Diskussion darüber, dass es ja auch halbe Brötchen, halbe Hähnchen, halbe Stunden und Pfanni halb und halb gebe. Ich erinnere mich noch genau, wie ich bei „Pfanni halb und halb“ den Schluck Kaffee, den ich ganz unbedacht gerade zu mir genommen hatte, in einem wilden Muster über meinen Schreibtisch versprühte. Die Geschichte endet an dieser Stelle noch nicht, sondern hält weitere Pointen bereit, doch für mich war hier bereits klar: Davon will, ja muss ich mehr lesen!
Seitdem ist viel passiert: Wir haben uns im echten Leben kennengelernt, viel über ihre Texte gesprochen und sogar zusammen eine ihrer Geschichten für ein Gleichstellungsprojekt aufgenommen. Und noch viel wichtiger: Susi Purol hat ihr Erstlingswerk »Genießen Sie es in vollen Zügen« veröffentlicht. Worum es da so geht, wer sie so ist und was sie eigentlich mal gelernt hat, erfahrt ihr jetzt.
Susi Purol und der Weg zur Autorin
Susi Purol bereitet sich, laut eigenen Angaben, gerade darauf vor, ihren Seelenpartner kennenzulernen. Während sie so wartet, lebt sie in Berlin – offensichtlich ein nicht enden wollender Quell der schriftstellerisch komischen Inspiration. Beruflich hat die 54-Jährige auf vielen Hochzeiten getanzt, auf der letzten aber erst die Liebe ihres Lebens gefunden: die deutsche Sprache. Zuvor gab es studientechnische Ausflüge in die Medizin, die Mathematik sowie die Grundschulpädagogik, gefolgt von Anstellungen als Nachhilfelehrerin und Sekretärin. Weiter ging’s mit einer autodidaktischen Weiterbildung zur Grafik-Designerin, um für ein Immobilienunternehmen im Marketing zu arbeiten. 2013 schließlich machte sich Susi als Texterin, Lektorin und Grafik-Designerin mit ihrer Firma Ars TexTrendi selbstständig und unterrichtet Deutsch als Fremdsprache. Nun ja, und sie schreibt.

Susi Purol: Genießen Sie es in vollen Zügen
Worum geht’s jetzt nun eigentlich in ihrem Buch? Höret und sehet selbst:
Humorvolle Kurzgeschichten, die das Leben auf die Schippe nehmen – so schafft man es auch durch den drögen Alltag. Was hat Susi Purol aber dazu bewegt, ein Buch zu schreiben? Gab es einen Auslöser? Und wie bitte findet man eigentlich solche Pointen?
»Es gibt im Leben immer wieder nervige Situationen: Wenn du zum Beispiel deine Zeit damit verplemperst, mit einer Maschine telefonieren zu müssen, weil du Fragen zu deiner Mobilfunkrechnung hast. Die aber nicht geklärt werden können, weil du – egal, was du sagst, – immer ein ›Ich habe Sie nicht verstanden‹ kassierst. Um am Ende gefragt zu werden, ob du noch eine Frage hast. Und nach deinem ›Ja, na klar, du Volltrottel‹ aus der Leitung fliegst: ›Leider rufen Sie uns außerhalb unserer Sprechstunden an.‹
Weil ich keine Lust mehr hatte, mich andauernd zu ärgern, habe ich den ganzen Sch… umgedreht und alles und jeden veräppelt (verbirnen wollte ich auch, hat aber nicht geklappt) – mich eingeschlossen. 2013 schrieb ich die erste Story (über die BVG, die immer dann, wenn sie nicht kann, zu spät kommt). Dazu laufe ich mit gespitzten Öhrchen – das steht mir nicht so, aber in diesem Falle muss meine Eitelkeit sich hinten anstellen – durch die Weltgeschichte und habe mich als ein Kuriositäten-Magnet entpuppt, der völlig bekloppte Dialoge aufschnappt und auch einfach nur urkomische Situationen (in der Familie, einer Änderungsschneiderei mit einem kleinen Knirps, im Café etc.) erlebt. Daraus sind meine Anekdoten entstanden.
Die hatte ich dann auf Facebook geteilt und irgendwann wurden immer mehr Stimmen laut – so circa zwei/drei – die sagten: ›Wann schreibst du endlich mal ein Buch, Susi?‹ Also habe ich mich 2020 dieser überwältigenden Mehrheit gebeugt, alles wieder eingesammelt (ich Denkzwergin hab immer in Facebook direkt geschrieben), in Form gebracht, sortiert, korrigiert, in eine neue Form gebracht, wieder korrigiert, Neues dazu gedichtet … und sooo viele Wiederholungen ausgemerzt. Reichhaltig ausgemerzt. Weil wiederholte Wiederholungen, die sich wiederholt wiederholen, einfach stinkelangweilig sind.
Und die Pointen? Uiiiiiih! Schwierige Frage. Da habe ich mir über eine Stunde den Kopf zerbrochen (ohne Sekundenkleber im Haus echt blöd). In mir entsteht sehr schnell ein Kopfkino zu Worten. Ich glaube, das ist die Antwort. Als mein Sohn zum Beispiel neulich eine Dose in den Händen hielt und vorlas: ›125 Jahre Linseneintopf‹ habe ich spontan geantwortet: ›Is‘ wie Wein, je oller, desto doller. Guten Appetit, Süßmatz …‹«
Vorbilder, Hoffnungen und Ratschläge
Wo lässt sich diese Art Humor denn ungefähr einordnen? Susi Purol hat da so ihre Vorbilder:
»Anke Engelke ist ganz klar ein Vorbild. Sie passt sich ihren Rollen an wie ein Chamäleon an die Farbe seiner Umgebung, ist unglaublich facettenreich und ich liebe ihre Sketche. Dann wollte ich mal Horst Everine werden, seine Geschichten sind genau mein Humor. Aber unterdessen will ich viel lieber Susi Purol bleiben, weil ich meinen Humor doch auf meine ganz eigene Art ausdrücke.«
Spätestens jetzt wollt ihr doch auch endlich mal ne Geschichte hören, oder? Kein Ding, ich hab da mal was klargemacht:
Die Buchbranche ist seit jeher ein hart umkämpfter Markt – was würde sich Susi Purol hier wünschen, welche Hoffnungen hat sie?
»Ich wünschte, dass Verlage sich mal explizit auf die Suche nach Newcomern machen. Durch die Veröffentlichung meines Buches habe ich einige Autor*innen kennengelernt, die exzellente Werke kreiert haben, aber leider bisher unentdeckt geblieben sind. Das ist so schade.«
Dennoch hat Susi den Weg in die Branche gewagt – und die Begeisterung für Worte und Sprache, für das Schreiben selbst, für ihre Geschichten steht ihr ins Gesicht geschrieben. Was ist aber das Beste daran?

»Lachen ist für mich – neben der Liebe – mein Lebenselixier. Ich blödele für mein Leben gerne rum und wenn ich andere zum Lachen bringen kann, freue ich mir ein Loch in den Bauch (da mir das recht oft gelingt, ähnelt der mittlerweile einem Schweizer Käse).
Eine Leserin hat geschrieben: ›Nach dieser Lektüre wird aus Grau plötzlich bunt.‹ Eine andere: ›Die knackigen Kurzgeschichten haben es immer wieder geschafft, mir ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern und den Trubel um mich herum zu vergessen.‹ Und für einen Leser lässt ›die Lektüre dieses wundervollen Buches mit Kurzgeschichten … Miese-Peter-Laune einfach keine Chance.‹ Und genau das ist das Beste daran.«
Solche Rückmeldungen sind natürlich Balsam für die Seele und zeigen, dass Susi genau das erreicht, was ihr am Herzen liegt: den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Und was rät sie anderen Frauen, die das Abenteuer »Buchveröffentlichung« wagen wollen?
»Sucht euch auf jeden Fall eine exzellente Lektorin, selbst wenn ihr die Schriftsprache ›perfekt‹ beherrscht. Obwohl ich mein Manuskript vier Mal auf Herz und Nieren, sogar auf Leber und Milz geprüft habe, hat meine Lektorin (der absolute Glücksgriff!) mit ihren Adleraugen alles aufgestöbert, was mir entgangen ist und darüber hinaus mit ihrem super Wortwitz mein Werk wirklich noch mal aufgepimpt.
Und wenn ihr tief von eurem Baby überzeugt seid, lasst euch von keinem Menschen etwas anderes einreden.
Solltet ihr einen Verlag suchen, lasst euch durch Absagen nicht entmutigen, sondern richtet euer Krönchen und macht weiter. Ganz wichtig: Schaut euch die Verlage genau an und prüft vorher, ob sie eine gute Performance im Netz zeigen und ihre Bücher nicht nur ausreichend, sondern auch mit Strategie und ansprechend bewerben.«
Von Fallschirmen, Zähneklappern und schneeverhangenen Bergen
Besonders spannend finde ich ja immer die Frage nach den Abenteuern – was war Susis bisher größtes Abenteuer?
»Mein Fallschirmsprung. Ich habe immer gesagt, dass ich das mal machen will. Dann hat mir mein Ex einen Gutschein geschenkt und ich dachte Scheiiiße, so war das doch gar nicht gemeint!!! Ich war aufgeregt wie ein Schwarm Bienen, am Tag selbst wie drei Schwärme. Mein Sohn wollte etwas gegen mein Zähneklappern unternehmen und munterte mich auf dem Hinweg auf: ›Es kann gar nix passieren, Mamschi. Manchmal verknacksen sich die Leute beim Aufgehen des Fallschirmes durch den Ruck die Halswirbelsäule. Aber das geschieht nur relativ selten.‹
Als sich dann in 4.000 Metern Höhe vier Profispringer plötzlich mit einem Hechtsprung aus der kleinen Propellermaschine (der ich spontan den Namen ›Miss Trauen‹ gab), stürzten, wollte ich nur noch die Flucht ergreifen. Hätte aber auch nix genützt. Also sprang ich. Und würde es wieder tun. Dieses Gefühl von Freiheit ist eines der schönsten der Welt. (Ich frage mich nur, wo ich einen Ex auftreibe, der mir das wieder spendiert).«
Ooookay, da wird mir schon beim Lesen ganz schwummerig. Neeee, das wär so gar nichts für mich. Na gut, welches Abenteuer wird sie wohl als Nächstes in Angriff nehmen?
»Ganz oben auf meiner Abenteuer-Liste steht eine Wanderung durch die Schweiz (passend zu meinem Bauch). Und ich meine keinen Tagesmarsch, sondern denke da so an 500 bis 1.000 Kilometer. Ich bin total verliebt in die Natur dieses Landes, die Kombination aus Bergen und Seen finde ich fantastisch. Ich stand mal bei 25 Grad mit Flipflops auf einer Schweizer Terrasse und blickte auf eine schneeverhangene Bergkuppe. Ich hatte also two in one: Sommer und Winter. So was macht mich voll glücklich.«
Nun, das klingt etwas weniger gefährlich, aber wirklich nur etwas. Weitere Geschichten – von skurril über abenteuerlich bis an-die-stirn-klatschig – findet ihr in Susis aktuellem Buch. Mir bleibt da nur noch eins zu sagen: Genießen Sie es in vollen Zügen!
Und sonst so?
Klaaaaar, der Koffer! Auch Susi hat noch eine Kleinigkeit dazugepackt:
Ihr wollt noch mehr über Susi Purol erfahren? Dann gibt’s hier noch ein paar Links: